Wenn Sonntage verschwinden und Ausrufezeichen ermitteln

QS1J9812Dreihundertsechzig gespannte Schüleraugen blickten am 10.12.2014 auf die Bühne im Forum der IGS Wilhelmshaven. Von der Bühne blickten sechs Paar Augen in leichter Panik zurück. Was war hier los?
Heute sollte der Schulsieger oder die Schulsiegerin des bundesweiten Vorlesewettbewerbs ermittelt werden. Sechs Kandidaten, die sich zuvor in ihrer Stammgruppe als beste Leserin oder Leser durchgesetzt hatten, hielten ihre aktuelle Lieblingslektüre fest in der Hand und unterdrückten das aufkommende Gefühl der Nervosität.
Nachdem das Orchester des 6.Jahrgangs zur Einstimmung gespielt hatte, ging es los. In der ersten Runde wurde ein vorbereiteter Text vorgelesen. So wurde das Publikum in die erste Unterrichtsstunde an der neuen Hexenschule geführt oder erlebten das „echt kranke“ Aufwachen nach einem Unfall durch die Holzfäller ähnliche Krankenschwester mit. Ebenso stellten sie sich die Frage, warum ein Sonntag einfach verschwindet und Bratkartoffeln eine Voraussetzung für gute Ermittlungsarbeit sind. QS1J9807Die drei Mädchen und Jungen begeisterten mit ihren Beiträgen so sehr, dass das 11-13jährige Publikum und die Jury über eine halbe Stunde gebannt zuhörten. Jeder Vortrag wurde mit viel Applaus belohnt.
In der zweiten Runde stieg der Schwierigkeitsgrad, die Kandidaten mussten etwa zwei Minuten einen unbekannten Text vorlesen, dabei nicht nur den Text verstehen, sondern auch die richtige Stimmung vermitteln. Das ist nicht einfach, wenn die Protagonistin in einer unterirdischen Bibliothek von einem Schimmelrochen durch die Gänge gejagt wird. Doch die Vortragenden konnten auch hier das Publikum in ihren Bann ziehen und ernteten viel Applaus. Das Orchester spielte mit großer Lebendigkeit den Song „Zombie“, während sich die Jury beriet. Als Siegerin stand einstimmig Jenny Reinbold aus der 6.4 fest, den zweiten Platz belegte Marvin Salomon aus der 6.2. Alle anderen Teilnehmer konnten den dritten Platz erreichen.

Andorra – Forum theater Wien

Ein gelesenes Drama ist wie das Riechen an einer Mahlzeit. Zwar kann man viele Nuancen von Gerüchen erkennen und sich ein Bild vom Menü machen, der Gesamteindruck bleibt aber unvollständig. Daher nahm die IGS Wilhelmshaven die Gelegenheit beim Schopf, das Forum theater Wien für eine Vorführung des Dramas „Andorra“ von Max Frisch zu buchen. Am 4. März konnten 400 Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 9 -11 auf der Bühne des Forums verfolgen, wie das Pflegekind Andri auf Grund seiner scheinbaren jüdischen Herkunft diskriminiert und schließlich ermordet wird. Sie sind das Publikum, demgegenüber  die Andorraner  ihr Verhalten beschönigen und ihre Feigheit leugnen.

Die Schülerinnen und Schüler folgten der Aufführung mit großer Konzentration und setzten sich hinterher kritisch mit der Interpretation auseinander. Dabei wurde auch besprochen, unter welchen Bedingungen ein Theaterstück auf die Bühne gebracht werden kann und welche Problemstellungen man dabei zu bewältigen hat.
Insbesondere der 10. Jahrgang, der das Drama verpflichtend für die Abschlussprüfungen lesen muss, konnte sich auch inhaltlich mit der Adaption auseinander setzen.

So erlebten sie das Menü mit allen Sinnen genießen.